Ausstellung NATURBETRACHTUNG UND SELBSTBILDNIS

Ausgehend vom Jahresthema der Triennale III Kärnten „schock.šok.shock“ beschäftigte sich das Seminar am Rojachhof mit „Naturbetrachtung und Selbstbildnis – Strategien gegen das Schockierende“. Nun ist „Schock“ ein Begriff aus der Medizin, zahlreiche Symptome, ja lebensbedrohliche Zustände kann ein schockierendes Ereignis körperlicher oder seelischer Natur oder ein Unfall hervorrufen. Wenn wir die Menschheitsgeschichte betrachten, so erkennen wir, dass niemand vor schockierenden Ereignissen gefeit ist – sei es im historischen Kontext, sei es im persönlichen Erleben. Etwas tritt plötzlich und unerwartet schmerzvoll ins Leben. 

Forschungen haben gezeigt, dass Menschen besonders durch eine positive Einstellung bei traumatisierenden, schockierenden oder krisenhaften Veränderungen eine großartige Kraft entwickeln können, um in diesen Situationen zu bestehen und sich weiterzuentwickeln.

Kunst, die sich mit Naturbetrachtung und mit dem sich selbst eingebunden Fühlenden befasst, ist eine mögliche Strategie, um diesem Thema eine inspirierende Alternative vorzuschlagen.

Deshalb befasste sich dieses Seminar genau mit dem Gegenteil, nämlich mit dem Schönen, dem ästhetischen Bewusstsein, der ästhetischen Wahrnehmung, der Betrachtung von Phänomenen und dem Eingebundensein in der Natur. Allegorien zu Strategien gegen das Schockierende sind beispielsweise die Kraft einer durch plötzlichen Hagel betroffenen Rose, oder Blüten, die trotz Frosteinbruch Früchte hervorbringen. Zerstörte Häuser, zerbrochenes Porzellan, Glas, Knochen oder Beziehungen – wir können ganz individuell auf viele Brüche und Schocks aus dem eigenen Erleben zurückgreifen. Und dennoch – die Kraft des Gegenmodells, das war von Interesse.

Die ästhetische Befragung von Naturbeobachtungen erschließt ganz grundsätzlich Astrid Pazelt. Sie ging der historisch bedeutsamen Arbeit von Carl von Linné nach. Seine einflussreichsten und wertvollsten Beiträge zur Biologie bestehen unzweifelhaft in der erfolgreichen Einführung der binären Nomenklatur für Pflanzen- und Tierarten, auch wenn diese Leistung nur ein zufälliges Nebenprodukt seiner enormen enzyklopädischen Tätigkeit war, um in knapper, präziser und praktischer Form die Mittel für das Erkennen und Erfassen ihrer Gattungen und Arten bereitzustellen. Astrid Pazelt wählt runde Leinwände für den Kreislauf von Natur und Leben, wo sie sich mit „Uns läuft die Zeit davon“ und „5 vor 12“ zeitkritisch, konzeptuell und sehr sensibel dem Thema zuwendet. Das Gleichgewicht von Geometrie und Vitalität ist in ihren Bildern wichtig.

Anneliese Strasser schaut auf die Blüten der Hortensie. Sie setzt ihre Beobachtungen sehr fein in Farbe, sowohl realistisch als auch abstrakt um. Damit verweist Anneliese Strasser in feinsten Nuancen auf die Schönheit und Absichtslosigkeit von Form und Farbe.

Gerhart Weihs stellt in seinen zahlreichen Aquarellen auf Leinwand die Schönheit seiner eigenen Umgebung dar. Der Blick von Gerhart Weihs wendet sich hin zum täglich Wahrnehmbaren und verwandelt das Gesehene in die ästhetische Realität, um für die Betrachter „Abend am Glanz“ oder „Auf der Dobra“ neu erlebbar zu machen. Ein Blick auf das Alltägliche mit ästhetischem Verständnis.

Lieselotte Kaizler ringt mit der Metaphysik des Gesehenen und schafft vollkommen neue Perspektiven des Wahrnehmbaren. Lieselotte Kaizler setzt auf die Struktur von Baum und Wasser und schafft somit eine andere Ebene des Möglichen. Neue Möglichkeiten schaffen, bedeutet auch Mut zum Risiko.

Maria Luise Borstner studiert Strukturen – Strukturen von Wasser. Sie verführt uns dazu, innezuhalten, auf einer Bank zu sitzen und die ständig wechselnden Strukturen am Wasser wahrzunehmen. Mit der strukturellen Identität schafft Maria Luise Borstner neue Horizonte.

Sara Vecciato-Faisstnauer verschafft mit ihren Arbeiten „Natur erobert Stadt“ und „Two Trees or not Two Trees“ der Natur eine starke Position, sich ihre Räume zurückzuerobern. Sie beobachtet bei ihren täglichen Wegen durch die Stadt, fotografiert und überträgt diese Bildideen ungewöhnlich und überzeugend auf die Leinwand. Sara Vecciato-Faisstnauers Bilder sind ein starkes Statement für das Wahrnehmen von „kleinen und zufälligen Situationen“.

Luzie Pinkas geht noch stärker auf den Aspekt der Kraft der Natur ein. So überwindet eine kleine Blüte die harte Realität eines Stacheldrahtes oder eines ausgetrockneten Bodens. Mit den Bildern „Grenzen überwinden“ und mit „Dürre“ zeigt Luzie Pinkas, dass auch unter widrigsten Umständen Leben möglich sein kann. Scheinbare Gegensätze werden aufgehoben, der Blick auf das Schöne im Schwierigen betont.

Anita Hofer-Beneš interessiert sich für die Dynamik von Naturphänomenen und studiert im Freien die Formen und deren Zustände. Mit ungeheuer Kraft und Konzentration entstehen ihre Bilder und damit schafft Anita Hofer-Beneš mit ihren Arbeiten das Potential von tänzerischer Leichtigkeit zur Überwindung von mühsamen Erlebnissen.

Agnes Thielmann nimmt ebenso die Leichtigkeit in ihre Gestaltungskraft hinein. Was sie zunächst akribisch in der Natur studiert, wird plötzlich scheinbar „leicht“ umgesetzt. Agnes Thielmann experimentiert mit ihrem gesehenen Material, bezieht die Collage mit ein und behält sich so das Überraschungsmoment vor.

Barbara Baur ist von Ordnung und Genauigkeit überzeugt und geht konzeptuell vor. Sie weiß auch um die unvorhersehbaren prozesshaften Ereignisse im Bild lässt sich auf neue Ebenen der ästhetischen Gestaltung ein. In der Balance von Denken und Fühlen schafft Barbara Baur Bilder der Ruhe und Kontemplation. 

Ilse Menschik-Hartlieb gestaltet ihre intensiven Farbarbeiten als Hommage an Mark Rothko. Damit verweist sie auf die Universalität von Leben und den inneren Zusammenhang von Universum, Mensch und Natur. Ilse Menschik-Hartlieb begreift sich als Lernende, die bereit ist, Neues zu versuchen und sich diesem auszusetzen.

Miriam Faisstnauer nützt die konzeptuelle Planung für ihren Bildaufbau. Mit äußerster Sorgfalt entsteht ein Bild sehr langsam, behutsam und mit großem Bedacht auf die feinsten Unterschiede im Farbauftrag. Miriam Faisstnauer bestärkt uns für den positiven Blick in die Zukunft mit der erstaunlichen Reife einer 13-Jährigen.

Katharina Beneš schafft mit ihrem Bild „trapped agony“ einen starken zeitkritischen Beitrag zur Ausstellung. Mit großer Dynamik und Bereitschaft für Widerstand öffnet sie den Blick auf unsere Gesellschaft. Katharina Beneš präsentiert mit ihren 16 Lebensjahren einen künstlerischen Beitrag zum Dialog und der Aufforderung zum Tätigwerden.

Erika Drumel verweist ebenso auf die Handlungskraft des Menschen in „Geben und Nehmen“. Geld, das zwischen den Fingern zerrinnt, lässt uns gewahr werden, wie schnell sich gute Verhältnisse verändern können. Erika Drumel nützt den realistischen Ausdruck mit ganz minimalen Mitteln und schafft damit eine dichte Bildatmosphäre.

Mara Stamenković beobachtet lachende Gesichter. Es sind einfache Menschen, die lachen. Auf Alu-Folie überträgt sie die Linien eines lachenden Gesichtes und in unterschiedlichen Blautönen malt sie einige Stellen mit Acryl. Durch feine Freilassungen von Linien und durch den unvollständigen Farbauftrag entstehen vollkommen abstrakte Bilder. Sie verweist auf die Möglichkeit, Schwierigkeiten durch Lachen zu überwinden und sich der Freude im Leben gewahr zu sein. Das schenkt uns Mara Stamenković mit ihren Bildern in höchst überzeugender Weise. 

Diese Ausstellung verweist auf ein Konzentrat von Möglichkeiten, auf die unterschiedlichsten Strategien gegen das Schockierende und zeigt auf die vielfältigen Kräfte im Menschen durch künstlerischen Ausdruck.

Luise Kloos, September 2023

www.luisekloos.at

Die Veranstaltung ist beendet.

Datum

12. Okt. 2023 - 14. Dez. 2023
Abgelaufen

Öffnungszeiten

8:00 - 12:00

Ort

Wallnerhaus Lind
Kategorie

Organisation

Gerhart Weihs
Email
office@gerhart-weihs.at
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